Zwischen Karriereberatung, Berufsorientierung und Bewerbungscoaching - was genau macht eigentlich ein Jobcoach?

Bist du empathisch und aufgeschlossen? Motivierst du gerne andere dazu, sich auf Veränderungen einzulassen und mutige Wege zu gehen? Möchtest du Menschen dabei unterstützen, den für sie passenden Beruf zu finden oder den nächsten Karriereschritt zu wagen? Vielleicht bist du der/die geborene Jobcoach! Wie du Jobcoach werden kannst, welche Qualifikationen du für diesen Beruf brauchst und wie dein Arbeitsalltag in diesem Tätigkeitsbereich aussieht, erfährst du in diesem Job Portrait. Wir haben uns dafür mit Jobcoach Nicole Martens unterhalten.

Photo by Amy Hirschi on Unsplash
von Team, 22. Februar 2024 um 09:15

Unglücklich im Job: Laut dem Gallup Engagement Index 2022 machen 69 Prozent der Arbeitnehmenden in Deutschland Dienst nach Vorschrift. Berufliche Veränderungen erfordern jedoch oft eine gehörige Portion Mut, Selbstreflexion und Branchenkenntnisse. Wie gut, dass es Personen gibt, die es sich zur Berufung gemacht haben, anderen bei der beruflichen (Neu)orientierung unterstützend und beratend zur Seite zu stehen - Jobcoaches. Nicole Martens ist eine dieser Personen. Sie hat selbst erfahren, wie belastend es ist, wenn die berufliche Situation nicht mehr zu einem selbst passt, und wie beängstigend es sein kann, sich beruflich neu aufzustellen. Jetzt hilft sie selbst Menschen, die genau in dieser Situation stecken, Mut und Klarheit für neue berufliche Entscheidungen zu gewinnen. Im Interview habe ich mich mit ihr darüber unterhalten, wie man Jobcoach wird und welche Tätigkeiten den Arbeitsalltag prägen. 

Was ist eigentlich ein Jobcoach?

Ein Karrierecoach bzw. Jobcoach (es handelt sich hier um Synonyme) coacht und berät sowohl Menschen, die sich beruflich neu orientieren oder weiterentwickeln wollen, als auch Berufseinsteiger:innen. Je nach Zielgruppe hilft ein Jobcoach sowohl bei der Berufungsfindung, beim Treffen beruflicher Entscheidungen, als auch beim Erstellen der Bewerbungsunterlagen oder beim Üben von Bewerbungsgesprächen. »Allerdings sind die meisten Klient:innen, die zu mir kommen, Menschen, die unglücklich mit ihrer beruflichen Situation sind und noch nicht wissen, welche Veränderung sie genau anstreben«, sagt Nicole. Es gibt auch Jobcoaches, die gezielt Menschen mit Diskriminierungserfahrungen (wie z.B. Personen mit Migrationshintergrund, Geflüchteten oder Menschen mit Behinderungen) helfen, eine passende Arbeit zu finden. 

Die meisten Jobcoaches sind Selbstständige oder Unternehmer:innen, wie z.B. Nicole mit ihrem Unternehmen Job Discovery. Es gibt auch vereinzelte Firmen, in denen eine Tätigkeit als Jobcoach in Festanstellung möglich ist, wie z.B. Ingenius. Eine Festanstellung stellt im Coaching-Bereich jedoch eher die Ausnahme dar. 

Wie sieht der Berufsalltag eines/einer Jobcoach aus?

Da die Selbstständigkeit für die meisten Jobcoaches die Realität ist, nehmen Admin-Tätigkeiten einen nicht unbeachtlichen Teil der Arbeitswoche ein. So ist es auch bei Nicole: »Ich würde sagen, ich verbringe ca. 50 Prozent meiner Arbeitszeit in Coachings und die anderen 50 Prozent bin ich mit administrativen Aufgaben beschäftigt.« Das bedeutet konkret: Drei bis vier Coachings pro Tag und dazwischen Anfragen und andere E-Mails beantworten, Abrechnungen managen und Abstimmungen mit Nicoles Team - einer virtuellen Assistentin und einem Suchmaschinenoptimierung (SEA/SEO) Beauftragtem. Das heißt jedoch nicht, dass jeder/jede Jobcoach ein Team benötigt. Es gibt viele Jobcoaches, die alleine arbeiten, doch für Nicole war das keine Option: »Für mich war immer ganz klar: Ich werde Unternehmerin, denn ich möchte nicht alles alleine machen. Ich genieße den Austausch mit meinem Team.«

Und was genau passiert in einem Jobcoaching?

Ein Coaching-Prozess bei Nicole umfasst insgesamt 10 Sessions. Der Prozess beginnt meist mit einer Bestandsaufnahme, dem sogenannten Lebensrad. Hier schätzt der/die Klient:in die (Un)Zufriedenheit in den einzelnen Lebensbereichen, wie z.B. Job, Hobbies, Familie, Beziehung, Finanzen, usw. ein. Denn Nicole ist überzeugt: »Wenn du unglücklich im Job bist, zieht sich das auch ganz häufig in die anderen Lebensbereiche hinein.« Gerade dann sei es besonders wichtig, raus zu gehen, seine Hobbies und Freundschaften zu pflegen, wieder Spaß zu haben und die Lebensfreude zu spüren, so Nicole. 

Ein Teil der Aufnahme des Ist-Bestands ist die Innenschau, in deren Rahmen sich der/die Klient:in selbst ergründet. Nicole unterstützt den/die Coachee dabei, herauszufinden, welche die eigenen Stärken und Talente sind. Sie macht sich gemeinsam mit den Klient:innen auf die Suche nach deren Leidenschaft. »Ich finde, nur wenn du deine wahre Leidenschaft findest und in deinen Job integrierst, wirst du auf lange Sicht auch glücklich damit werden«, sagt sie.

Erst dann wird nach außen auf die verschiedenen Möglichkeiten geschaut: Fragen wie: »Was gibt es für Branchen und Berufe?« oder »Was passt zu mir, meiner Leidenschaft und meinen Stärken?«, stehen im Mittelpunkt. Anschließend werden die nächsten Schritte geplant  - z.B. sich auf Stellenanzeigen bewerben, in die (Teil)Selbstständigkeit starten oder sich initiativ bewerben.

Über welche persönlichen Eigenschaften sollte ein Jobcoach verfügen?

Allem voran steht Empathie. Denn es ist hilfreich, wenn man ein Gefühl dafür hat, »was die Themen der jeweiligen Menschen sind und auch, an welche Themen wir ran müssen, bevor wir uns mit dem eigentlichen Anliegen auseinandersetzen«, so Nicole. 

Offenheit ist ebenfalls ein Muss. Nicole sagt, zu ihren wichtigsten Skills gehöre die Fähigkeit, »eine Gesprächsatmosphäre entstehen zu lassen, in der man sich wohlfühlt und öffnen kann.« Ein gewisses Feingefühl hilft ihr dabei, auf die unterschiedlichen Persönlichkeitseigenschaften verschiedener Menschen in verschiedenen Altersgruppen einzugehen.

»Es hilft mir auch sehr, dass ich strukturiert und organisiert bin«, sagt Nicole, denn es gehe darum, »die Leute durch den Prozess zu führen, auch wenn sie manchmal abschweifen«.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die eigene Energie, mit der man als Coach den Klient:innen begegnet. »Wenn du unglücklich im Job bist, ist dein Selbstwert meistens im Keller«, so Nicole, »Man stellt alles und sich selbst in Frage. Als Coach gehört es dann zu deinem Job, diesen Selbstwert aufzubauen, die Coachees zu empowern, ihnen zu helfen, wieder an sich zu glauben. Du solltest also positive Energie und Motivation ausstrahlen, womit sich deine Klient:innen wieder auftanken können. Und das lohnt sich: »Für mich ist es das Schönste, zu sehen, wie sie am Ende auf einmal strahlen und was für eine Kraft da ist«, sagt Nicole. 

Welche fachlichen Qualifikationen braucht ein guter Jobcoach?

Laut Nicole ist das idealerweise eine Kombination aus Coaching-Skills und Personal- bzw. Arbeitsmarktwissen. »Im reinen Coaching geht es ja immer darum, dass die Klient:innen alle Ressourcen, die sie brauchen, bereits in sich tragen. Sie bekommen im Coaching den Rahmen, diese zu finden und zu aktivieren.« Zusätzlich begibt sich Nicole jedoch manchmal auch auf die Beratungsebene. Denn wenn es um berufliche Neuorientierung geht, meint Nicole, kommen auch automatisch Personal- und Arbeitsmarktthemen auf. Ihre Erfahrung in der Personalabteilung einer Agentur und ihre Weiterbildungen helfen ihr dann enorm. »Entsprechende Kenntnisse sind von großem Vorteil, jedoch nicht zwingend erforderlich«, sagt sie. 

Falls du bereits ausgebildete:r Coach bist und bereits Coaching-Erfahrung hast, kann auch eine AZAV-Zertifizierung interessant sein. Das bedeutet, dass du Arbeitssuchende bei der Gestaltung ihres beruflichen Weges unterstützen und das Coaching als Maßnahme direkt mit der Bundesagentur für Arbeit abrechnen kannst. Auf der Webseite des Qualitätsmanagement Beratung und Schulung kannst du nachlesen, welche Voraussetzungen du für eine solche Zertifizierung erfüllen musst. 

Was sind die ersten Steps, wenn ich Jobcoach werden will?

Am wichtigsten ist es laut Nicole, zuerst eine Coachingausbildung zu absolvieren. »Dort erwirbst du wichtige Kenntnisse und Fähigkeiten, was das Vorgehen und die Haltung als Coach betrifft. Du lernst verschiedene Tools und Herangehensweisen und wie du mit deinen Klient:innen umgehst.« Ein wichtiger Punkt ist zum Beispiel, zu wissen, wo die Grenzen von Coaching sind: »Du musst erkennen, wann Coaching endet und der/die Klient:in zum Psychologen muss«, sagt Nicole. »Außerdem empfehle ich wirklich, dass du dich in Personalthemen fortbildest, denn diese Themen kommen automatisch«, betont sie. 

Welchen Herausforderungen begegnet man als Jobcoach? 

»Die Selbstständigkeit sollte man nicht unterschätzen«, sagt Nicole. Sie berichtet, dass sich das viele leichter vorstellen, als es tatsächlich oft ist. Man müsse damit klarkommen, die erforderlichen Fixkosten zu tragen und nicht zu wissen, wie der nächste Monat aussieht.  »Versuche lieber, einen Zwischenschritt zu machen und mit einer Teilselbstständigkeit zu starten«, empfiehlt sie. 

Es sei auch ganz normal, dass man nicht mit jedem/jeder seiner Klient:innen auf derselben Wellenlänge ist. »Es ist natürlich eine Arbeit mit Menschen und da hast du unterschiedliche Charaktere«, sagt sie. Nicole’s Empfehlung: »Mache vorab immer ein Erstgespräch, in dem beide schauen können, ob die Chemie stimmt. Wenn ich merke, dass ich bei einer Person ein komisches Gefühl habe, dann sage ich ab.« Sie rät dazu, der Intuition zu vertrauen und ehrlich mit sich zu sein, wenn es mal mit einem/einer Klient:in nicht passt. 

»Manchmal gibt es auch Sessions, in denen ich merke, dass sich jemand verzettelt, dann muss ich das wieder einfangen und die Verantwortung für die Struktur, den Prozess übernehmen«, fügt sie hinzu, »Aber man hat natürlich auch seine klassischen Lieblingskunden. Die meisten meiner Coachees sind wirklich sehr motiviert«, sagt Nicole stolz. Anderen dabei zu helfen, ihren Traumberuf zu finden, ist sehr erfüllend, das sehe ich Nicole an. 

Und du? Hast du jetzt mehr Klarheit darüber, ob Jobcoach ein passender Beruf für dich sein könnte? Schicke uns dein Feedback zum Artikel gern an support@nachhaltigejobs.de

Nicole Martens

Über Nicole Martens: 

Als ehemalige Leiterin eines Personalbereiches (9 Jahre) sowie 3 Jahre Geschäftsführung lebt Nicole dafür, Menschen im Beruf glücklich zu sehen. 

Nach ihrem Studium der Betriebswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Marketing und Personalwesen hat sie bis 2003 im Bereich Marketing (Johnson & Johnson Company) sowie in unterschiedlichen Marketing- und Eventagenturen gearbeitet.

Die Top 3 Agentur für Markenerlebnisse (EAST END, Hamburg) hat sie von 2003 bis 2020 von der Position der Projektleitung über die Etat Direktion (bis 2009) bis hin zur Leitung des Bereiches Human Resources (ab 2008) sowie der Geschäftsführung (ab 2017) insgesamt 17 Jahre lang mit aufgebaut.

Mit der Gründung von Job Discovery in 2020 ist sie ihrem Herzenswunsch gefolgt, um einen Mehrwert auf dieser Welt zu schaffen und Menschen dahin zu führen, dass sie in ihrem Beruf glücklich sind. Hier geht es zu Nicole’s Webseite

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