Was macht eigentlich ein Online-Fundraiser?

Online-Fundraising wird durch die Digitalisierung immer wichtiger. Sehr viele NGOs akquirieren heute schon über digitale Kanäle ihre Ressourcen. Dadurch entstehen neue Berufsbilder. Kai Wichmann ist Referent für Online Marketing bei Brot für die Welt, einer der größten kirchlichen international tätigen Hilfsorganisationen. Zu seiner Tätigkeit als Online-Fundraiser haben wir ihn kurz interviewt.

von Susanne Kitlinski, 23. März 2016 um 18:06

Wie sieht denn ein ganz normaler Arbeitsalltag als Online Fundraiser aus?

Kai Wichmann: Der Tag beginnt meist mit einem Blick in die Webanalyse, also: Wie viele Spenden sind über welche Kanäle eingegangen, wie erfolgreich sind unsere Maßnahmen? Ganz vereinfacht gesagt ist ja das Ziel, möglichst viele potentielle Spender auf unsere Webseite zu bringen und sie dann zu einer Spende zu bewegen. Dazu gehört auch, ihnen das Online-Spenden möglichst einfach zu machen. Ansonsten ist der typische Tag geprägt von vielen Abstimmungen. Sei es mit den Kollegen, die unsere klassischen Fundraising-Maßnahmen durchführen oder mit der Agentur, die unsere Webseiten programmiert – als Online-Fundraiser sitzt man an einer Schnittstelle. Dann kann es aber auch schnell hands on werden, wenn ich zum Beispiel einen Newsletter an unsere Spender versende, dafür einen Text schreibe und ein Foto auswähle.

Wie war denn Ihr Einstieg in das Online-Fundraising?

Wichmann: Nach meinem Bachelor-Studium bin ich über ein Praktikum zu UNICEF ins Fundraising gekommen. Als "Digital Native" hat mich das Online-Fundraising natürlich besonders interessiert. Hier habe ich dann in einem professionellen Umfeld viel gelernt und Erfahrungen sammeln können. Weil das Online-Fundraising gerade aufgebaut wurde, konnte ich dann auf einer festen Stelle bei UNICEF bleiben.

Welche Aufgaben machen Ihnen besonders viel Spaß als Online Fundraiser?

Wichmann: Mir macht die Mischung Spaß – von eher strategischen Themen und größeren Projekten wie der Einführung eines neuen Zahlungsmittels im Spendenformular bis zu einem Telefonat mit einem Spender, der eine Frage zu seiner Online-Spende hat, kann alles dabei sein. Am Online-Fundraising gefällt mir, dass wir durch unsere Analyse-Systeme oft sehr schnelle Rückmeldungen bekommen, was funktioniert und was nicht. Zu sehen, dass eine kleine Optimierungs-Idee dann tatsächlich zu mehr Spenden für unsere Projekte führt, ist super. Außerdem finde ich es toll, dass sich der Bereich ständig weiterentwickelt. Es macht viel Spaß, neue Wege zu beschreiten und Dinge auszuprobieren.

Gibt es auch Aufgaben, die nicht so viel Spaß machen?

Wichmann: Manches könnte vielleicht noch schneller gehen, wenn die Organisationen das Potential und den Stellenwert der Digitalisierung noch mehr erkennen würden. Als Online-Fundraiser muss man heute noch viel interne Überzeugungsarbeit leisten. Es geht also auch immer darum, die Organisation zu verändern – dafür sollte man einen langen Atem haben.

Wenn ich mich für das Online Fundraising als berufliche Perspektive interessiere, was sollte ich noch mitbringen?

Wichmann: Eine hohe Internet-Affinität ist eine gute Grundlage. Es sind Fähigkeiten aus verschiedenen Bereichen gefordert. Ich fand es sehr hilfreich, dass mein Studium interdisziplinär aufgebaut war: Dadurch, dass ich Vorlesungen in Informatik, Design, Kommunikationswissenschaften und BWL hatte, bin ich zwar zum Beispiel selbst kein richtiger Programmierer, kann aber die unterschiedlichen Bereiche ganz gut koordinieren. Inzwischen gibt es ja sogar schon schon eine Ausbildung zum Online-Fundraiser an der Fundraising-Akademie – auch hier merkt man, dass die Bedeutung des Themas wächst. Ansonsten empfehle ich, ein Praktikum zu machen oder zu hospitieren, um zu sehen, ob das Arbeitsfeld passt. Viele Organisationen freuen sich über Praktikanten oder Werkstudenten im Online-Bereich, weil die oft frische Ideen mitbringen!

Wie wird sich der Beruf des Online-Fundraisers in den nächsten Jahren verändern?

Wichmann: Das Fundraising wird insgesamt noch viel digitaler. Online- und Offline-Maßnahmen werden integrierter betrachtet, nach dem Motto: Über welchen Kanal erreiche ich den Spender gerade für welchen Zweck am besten? Außerdem gehe ich davon aus, dass die Jobs in den Organisationen sich noch weiter ausdifferenzieren werden und es Spezialisten für einzelne Kanäle wie Suchmaschinen- oder E-Mail-Marketing gibt, so wie es große Organisationen heute schon haben. Spannend wird auch, wie die Organisationen sich strukturell aufstellen, um der Digitalisierung zu begegnen. Oft sind zum Beispiel Online-Redaktion und Online-Fundraising noch in getrennten Organisationsbereichen angesiedelt. 

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Das Interview führte Susanne Kitlinski, Business Coach und Kickstarterin für die Gestaltung von sozialökologischen Jobs und Unternehmungen. Mit mehr als 15 Jahren praktischer Erfahrung als Betriebswirtin und Pädagogin unterstützt sie Menschen beim Finden von passenden nachhaltigen Jobs. Für Unternehmen und Organisationen gestaltet sie umsetzbare soziale Geschäftsmodelle. Interaktive Workshops und Impulsvorträge rund um das Thema Bildung für nachhaltige Entwicklung runden ihr Profil ab.

Aktuelle Informationen gibt es unter opensustain.com.

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