Förderprogramm für KMU - Mit »unternehmensWert: Mensch« von professioneller Beratung profitieren: »Eine große Chance sehe ich für KMU darin, dass sie deutlich schneller sind als größere Unternehmen.«

Für große Unternehmen ist eine Begleitung durch Unternehmensberater*innen selbstverständlich. Kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) hingegen schöpfen dieses Potenzial aufgrund mangelnder Kapazitäten oft nicht aus. Für eine zukunftsfähige Ausrichtung des eigenen Unternehmens ist eine professionelle Unterstützung jedoch sehr hilfreich. Mit dem Förderprogramm »unternehmensWert:Mensch« erhalten KMU Unterstützung für die Inanspruchnahme von Beratungsdienstleistungen. Welche Vorteile eine Beratung hat und was KMU den »Big Playern« voraus haben, erklärt uns Unternehmensberaterin Lucie Lewandowski im Interview.
Foto: © Lucie Lewandowski
von Charlotte Clarke, 25. April 2019 um 06:54

Die Initiative »unternehmensWert:Mensch« möchte kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) dabei unterstützen, sich sozial und ökologisch verantwortlich auszurichten. Wie genau sieht diese Unterstützung aus?

Lucie Lewandowski: Unterstützt wird die Inanspruchnahme von Unternehmensberatung, die für größere Unternehmen zum täglichen Geschäft gehört. Für KMU ist das meist kein Thema und in manchen Fällen auch zu teuer. »unternehmensWert:Mensch« stellt eine finanzielle Förderung von 80% der Beratungsleistung bereit. Der Fokus der Förderung ist dabei nicht ausschließlich auf dem sozialen und ökologischen Aspekt, sondern es geht um eine grundsätzliche Unterstützung der Unternehmen bei der Unternehmensentwicklung. Die im Programm festgelegten Beratungsbereiche sind: Führung, Diversity, Wissenstransfer und berufliche Gesundheit.

Welche aktuellen Entwicklungstrends sind aktuell für kleinere Unternehmen besonders herausfordernd?

Lewandowski: Die großen Entwicklungstrends sind sicherlich Digitalisierung, Fachkräftemangel und der demographische Wandel. Die damit einhergehenden Veränderungen spielen sich auf den Förderebenen des Programms ab. Welche Führungskonzepte braucht es in der Wirtschaft 4.0? Wie wird die psychischen Belastung, die u.a. durch hohes Tempo und Entgrenzung auftreten, gering gehalten? Wie gestalten Unternehmen den Wissenstransfer zwischen den Generationen? Welche Chancen und Herausforderungen stecken in der Erhöhung von Vielfalt/Diversity? Welche Themen genau eine Herausforderung für ein Unternehmen sind, hängt vom einzelnen Unternehmen ab. So erlebt ein ambulanter Pflegedienst andere Herausforderungen als ein kleines IT-Unternehmen. Hier gilt es mit den Unternehmen gut hinzuschauen, was das konkret im Einzelnen ist und das ist auch schon ein Großteil der Beratung. Eine große Chance sehe ich für KMU darin, dass sie deutlich schneller sind als größere Unternehmen, d.h. sie können agiler reagieren.

Oftmals fehlt es kleineren Unternehmen an finanziellen und personellen Kapazitäten für eine umfassende Neuausrichtung. Wie gehen Sie im Rahmen von »unternehmensWert:Mensch« auf diese Hürden ein?

Lewandowski: Dies ist ein Teil der Problematik, die »unternehenswert:Mensch« verändern möchte: Durch externe Unterstützung bei einer zukunftsfähigen Ausrichtung im Rahmen der eigenen Möglichkeiten. Denn notwendige Veränderungen lassen sich häufig schon mit sehr geringen finanziellen Mitteln realisieren. Da geht es vielleicht »nur« um einen Prozess, der umgestellt wird, eine Zuständigkeit, die aufgeteilt wird, eine andere Form von Führung, die ausprobiert werden kann, die Betrachtung von Arbeitsbelastungen oder eine neue Form der Kund*innen-Einbindung, die man anbieten kann. In der Beratung geht es darum, dass die Geschäftsführung und die  Mitarbeitenden einen für sie passenden und machbaren Weg finden und Lösungen entwickeln, die für ihr Unternehmen realisierbar sind.

Welche Bedingungen müssen Unternehmen erfüllen, um sich bei »unternehmensWert:Mensch« für eine Förderung bewerben zu können?

Lewandowski: Förderberechtigt sind Unternehmen, die folgende Kriterien erfüllen:

  • Sitz und Arbeitsstätte in Deutschland
  • Jahresumsatz geringer als 50 Mio. EUR oder Jahresbilanzsumme geringer als 43 Mio. EUR
  • weniger als 250 Beschäftigte
  • mind. eine/n sozialversicherungspflichtige/n Beschäftigte/n in Vollzeit
  • mind. zweijähriges Bestehen des Unternehmens

Wer führt die Beratungen durch? Wie genau läuft das Programm ab?

Lewandowski: Die Beratung führen zertifizierte Berater*innen durch. Die Erstberatungsstelle (in Köln/Bonn ist das z.B. die IHK) führt eine kostenlose Erstberatung durch (ca. 1 Stunde), legt die Beratungsfelder mit dem Unternehmen fest sowie die Anzahl der geförderten Berater*innentage (max. 10). Das Unternehmen sucht sich dann eine/n Berater*in und los geht es. Tatsächlich ist dies ein Förderprogramm mit sehr geringem Aufwand für das Unternehmen.

In welchen konkreten Handlungsfeldern sollen die geförderten KMU im Rahmen des Programms gestärkt werden?

Lewandowski: Die Handlungsfelder sind: Führung, Diversity, Wissenstransfer und berufliche Gesundheit. Die genauen Inhalte werden im ersten Termin nach den Bedürfnissen der Unternehmen festgelegt. So kann man z.B. beim Thema Gesundheit zunächst einmal schauen, was in der Arbeitsgestaltung als belastend erlebt wird und wie man einen gesundheitsförderlichen Arbeitsplatz gestalten kann. Dies hat auch etwas mit Führung zu tun. In den meisten Fällen ergibt sich eine Kombination aus zwei Themenfeldern.

Man könnte den Eindruck haben, dass die starken Hebel für Veränderung eher bei den großen Unternehmen liegen. Welches Potential für ein zukunftsfähiges Wirtschaften sehen Sie besonders bei KMU?

Lewandowski: Wenn wir uns umschauen, dann sind die kleinen Unternehmen oft schneller und konsequenter in der Umsetzung von neuen Ideen und Trends. Ein Hotel, das sich entscheidet nachhaltig, fair und sozial zu werden, kann dies in verhältnismäßig kurzer Zeit erreichen und sich damit eine neue Kund*innengruppe erschließen. Was wir zudem vor allem erleben ist, dass Unternehmen, die sozial und ökologisch nachhaltig wirtschaften und kommunizieren, einen deutlichen Anstieg an qualifizierten und engagierten Bewerber*innen erzielen.

Welche Rolle spielt die Akzeptanz und Beteiligung der Mitarbeiter*innen für die erfolgreiche Umsetzung von nachhaltigen Strategien?

Lewandowski: Der Aspekt der frühzeitigen Beteiligung der Mitarbeitenden ist von sehr großer Bedeutung für eine erfolgreiche Umsetzung. Deswegen ist die Mitarbeiter*innenbeteiligung bei der Förderung durch »unternehmensWert:Mensch« verpflichtend und nachweisbar. Nicht weniger wichtig ist eine Geschäftsführung, die voll dahinter steht und bereit ist, Ressourcen (Geld, Zeit) zur Verfügung zu stellen.

Wie können sich KMU als attraktive Arbeitgeber besser positionieren bzw. für qualifizierte Jobsuchende sichtbarer werden?

Lewandowski: Sichtbarkeit und gute Positionierung sind abhängig von der Branche, der Region sowie der Größe des Unternehmens. Wichtig ist es auch hier wieder individuell und kreativ zu schauen, wo man als Unternehmen für wen sichtbar werden will. Aus unserer Erfahrung schauen viele Arbeitnehmende sehr genau, für welche Werte ein Unternehmen eintritt, wie es diese lebt und wie es sich zu den drängenden Zukunftsfragen positioniert. Dies sollte kommuniziert werden, erkennbar und vor allem glaubhaft sein.

Du möchtest mehr über das Förderprogramm erfahren? Hier geht es zur Website von unternehmensWert:Mensch.

Über Lucie Lewandowski
Dipl.-Psych. Lucie Lewandowski, systemische Beraterin, Inhaberin der sozial und ökologisch nachhaltig Unternehmensberatung LEWANDOWSKI Beratung-Analyse-Entwicklung. Außerdem Beraterin für die GWÖ (Gemeinwohlökonomie www.ecogood.org).
Ihre Beratungsschwerpunkte sind vor allem: Diversity und Interkultur sowie berufliche Gesundheit (Belastungsanalysen psychische Gesundheit)

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